Kriegswirren hatten meinen Vater auf die Insel Borkum verschlagen. Dort lebten wir, dort bin ich 1949 geboren.
Auf dem Foto sind Lebensmittelmarken. Nur damit konnte man 1949 Lebensmittel kaufen. Diese hier für stillende Mütter, Extra-Ration. Meine Mutter hatte sich diese Marken aufgespart für Weihnachten. Im Dezember ist sie dann einkaufen gegangen und hat zweimal 125 g Käse bekommen. Kein Fleisch kein Mehl, keine Butter und wieder keine Milch. Fast alle Lebensmittel mussten ja vom Festland auf die Insel gebracht werden. Da wir keine Insulaner waren, galten wir als Flüchtlinge. Die waren nicht überall willkommen. Bei der Milchzuteilung kamen zuerst die Insulaner-Kinder. Und danach war die Milch alle.
Mein Vater konnte eine Ziege kaufen. Die musste jeden Abend in den Keller getragen werden, damit sie nicht geklaut wurde. Aus der Ziegenmilch machte meine Mutter einen Brei mit feingehackten Miesmuscheln. Die holte mein Vater jeden Tag aus dem Watt, direkt vor der Haustür. Auch Weihnachten 1949, als ein schwerer Sturm über die Insel fegte.
„Heb sie gut auf“, sagte meine Mutter, als sie mir die Marken gab. „Damit ihr es nie vergesst.“
Es gibt heute Leute die sagen, dieses Weihnachten 2020 sei das schlimmste seit Kriegsende. Und es gibt auch Leute, die die Maske für eine schwere Last halten.
Gesegnete Weihnacht Bert
